Im Jahr 2024 hat sich in Österreich in Bezug auf die Rechte von queeren Familien einiges getan. Durch eine Novellierung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB), insbesondere des Paragrafen 144, wurden bedeutende Fortschritte erzielt, die lesbischen Frauenpaaren mehr rechtliche Sicherheit und soziale Gleichstellung bieten. Hier ein Überblick über die Neuerungen und deren Auswirkungen auf Frauenpaare mit Kinderwunsch.

Die Situation vor der Gesetzesänderung

Bis Anfang 2024 gab es für lesbische Paare, die sich für eine Heiminsemination entschieden, einen erheblichen rechtlichen Nachteil. Nur die leibliche Mutter des Kindes wurde automatisch als Elternteil anerkannt. Ihre Partnerin musste das Kind zunächst im Rahmen einer Stiefkindadoption offiziell annehmen. Diese Regelung stellte einen Unsicherheitsfaktor für queere Familien dar, da die rechtliche Elternschaft der zweiten Mutter nicht ab Geburt gewährleistet war.

Novellierung des Paragrafen 144 ABGB

Mit der Novelle des Paragrafen 144 ABGB hat sich diese Situation grundlegend geändert. Seit Januar 2024 werden beide Frauen in einer eingetragenen Partnerschaft oder Ehe von Geburt an als rechtmäßige Eltern anerkannt – unabhängig davon, ob das Kind in einer Kinderwunschklinik oder durch eine Heiminsemination gezeugt wurde. Diese Anpassung beseitigt die Notwendigkeit der Stiefkindadoption und stärkt die Rechte von Frauenpaaren in Österreich.

Hintergrund: Der Weg zur Gesetzesänderung

Die Novellierung wurde durch den Einsatz eines in Wien lebenden Frauenpaares ermöglicht, das sich nach erfolglosen Versuchen in einer Kinderwunschklinik für eine Heiminsemination mit einem privaten Samenspender entschied. Als ihr Kind im Dezember 2019 zur Welt kam, lehnte der Wiener Magistrat den Antrag der nicht leiblichen Mutter ab, als Elternteil ins Zentrale Melderegister eingetragen zu werden. Das Paar entschloss sich, den Fall vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) zu bringen, unterstützt von der Wiener Rechtsanwältin Doris Einwallner.

Der VfGH stellte fest, dass die Notwendigkeit einer Stiefkindadoption bei privat gezeugten Kindern eine Diskriminierung darstellte und das Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzte. Im August 2022 hob der VfGH den Paragrafen 144 in seiner bisherigen Form auf und forderte eine gesetzliche Anpassung.

Beschluss und politische Unterstützung

Im Dezember 2023 wurde die Reform des Paragrafen 144 von den Regierungsparteien ÖVP und Grünen sowie der SPÖ und den Neos beschlossen. Die einzige Oppositionspartei, die gegen diese Reform stimmte, war die FPÖ. Die Gesetzesänderung bringt lesbischen Frauenpaaren nicht nur rechtliche Anerkennung ab Geburt ihres Kindes, sondern auch erhebliche sozialrechtliche Verbesserungen, wie beispielsweise das Recht auf Elternzeit für die nicht leibliche Mutter.

Positive Resonanz und zukünftige Herausforderungen

Die Novellierung wird von Vertretern queerer Organisationen und Anwälten als bedeutender Schritt zur Gleichstellung von Regenbogenfamilien in Österreich bewertet. Barbara Schlachter vom Verein Famos lobt die Neuerung, da sie betroffenen Paaren mehr rechtliche Sicherheit und soziale Erleichterungen bietet. In Deutschland hingegen sind vergleichbare rechtliche Regelungen zur Gleichstellung queerer Familien noch nicht umgesetzt.

Fazit

Die Novelle des Paragrafen 144 ABGB stellt einen wichtigen Fortschritt für die Gleichstellung von Frauenpaaren in Österreich dar. Mit der automatischen Anerkennung beider Mütter als rechtmäßige Eltern ab Geburt werden queere Familien in ihren Rechten gestärkt und vor rechtlichen Unsicherheiten geschützt. Österreich nimmt damit eine Vorreiterrolle in der rechtlichen Gleichstellung von LGBTIQ-Personen ein, während andere Länder, wie Deutschland, noch Handlungsbedarf in dieser Frage haben.


(Letztes Update 10. Oktober 2024)

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