Sperma besorgen, rein in die Frau und aufs Baby warten.
Von außen betrachtet ist die Intrauterine Insemination ein ziemlich einfaches Unterfangen. Um allerdings die größtmögliche Erfolgschance auf ein eigenes Kind zu haben, muss ein ganzer Rattenschwanz an To Do’s abgearbeitet werden.
Und möchtest du als Single von dieser Methode profitieren, sollten auch noch einige Fragen abgearbeitet werden, auf die ich in den Fortsetzungsartikeln eingehe. Hierzu zählen:
- Welcher Mann gibt dir freiwillig sein Sperma?
- Wie genau kommt es ans Ziel?
- Was kostet der ganze Spaß?
- Und musst du noch andere Voraussetzungen erfüllen, als nur eine Frau zu sein, um dich inseminieren zu lassen?
Die Geschichte der Insemination hat eine recht bunte Vergangenheit. Bevor sie zu dem wurde, was sie heute ist, experimentieren Männer viele Jahrhunderte an Sklavinnen, einer betäubten Ehefrau und sich selbst herum.
Hättest du beispielsweise gedacht, dass ein Meilenstein in der Geschichte der künstlichen Befruchtung königlichen Ursprungs ist? Ich zumindest nicht.
Was ist eigentlich eine Intrauterine Insemination (IUI)?
Bei diesem Zungenbrecher handelt es sich, vereinfacht gesagt, um eine Übertragung von gewaschenem Samen (lat. semen) in (lat. intra) deine Gebärmutter (lat. uterus).
Dank der Insemination muss sich das Sperma auf dem Weg zu deinen Eileitern nicht umständlich durch deinen Gebärmutterhals manövrieren, was im “Normalbetrieb“ – Sex – schon so einige Spermien das Leben kostet. Selbst faule Schwimmer haben durch die Unterstützung der Inseminationsspritze eine gute Chance, sich mit deiner Eizelle zu verpartnern, ohne auf dem Weg dahin vor Erschöpfung wegzudösen.
Im Rahmen der Fruchtbarkeitsbehandlung unterscheidet man zwischen der homologen Insemination, bei der das Sperma des Partners genommen wird, und der donogenen bzw. heterologen Insemination, die hervorragend für Singlefrauen geeignet ist: eine künstliche Befruchtung mit Fremdsperma.
Königliche Anfänge der künstlichen Befruchtung
Heinrich der IV., König von Kastilien, hat es in den 1450er Jahren nicht leicht mit der Damenwelt.
Mit seiner ersten Ehefrau, Blanka von Aragón, läuft nichts in der Kiste. Die Annullierung der Ehe folgt auf dem Fuße.
Auch mit Ehefrau Nummer zwei gibt’s Probleme. Johanna von Portugal braucht beachtliche 6 Jahre, bis sie endlich schwanger wird. Anlass genug für die Hofklatsch-Society sich das Maul darüber zu zerreißen, was den Blaublüter wohl so lange davon abgehalten hat, Nachwuchs zu zeugen.
Eine Theorie: Heinrich ist impotent und seine vermeintliche Tochter, Johanna von Kastilien, Ergebnis einer künstlichen Befruchtung. Ziemlich moderne Gedanken fürs Mittelalter. Wie sich die Hofbevölkerung die Technik genau ausgemalt hat ist nicht überliefert.
Trotzdem: Die Beweise, ob Johanna tatsächlich aus Heinrichs Genen stammt oder ob sie ein Kuckuckskind ist, nehmen die Beteiligten mit ins Grab.
Vom Impotenten zum Jäger
Mehrere hundert Jahre später wird John Hunter zum Helden für einen Stoffhändler aus London. Als Chirurg erkennt Hunter Ende der 1770er sofort das Penisproblem seines Patienten: Hypospadie. Eine verkürzte Harnröhre.
Diese ist ziemlich unvorteilhaft beim Babymachen. Doch genau das planen der Stoffhändler und seine deutlich jüngere Ehefrau.
Wie gut, dass der Doktor einen Einfall hat. Er drückt dem Ehemann mehrere Spritzen in die Hand und wünscht ihm gutes Gelingen. Wobei genau? Bei der Masturbation. Und beim richtigen Zielen, denn der gute Mann soll seinen Samen direkt in die erwärmte Spritze abfeuern. Echte Präzisionsarbeit.
Ist das erledigt, muss er nur noch die richtige Öffnung bei seiner Frau finden und ihr sein Sperma injizieren.
1785 dann der Volltreffer! Des Stoffhändlers Ehefrau wird schwanger und macht ihren Gatten zum glücklichen Vater. Erster Erfolg durch Heiminsemination.
Arzt ohne ethisch-moralische Grenzen
Der nächste Arzt will nichts dem Zufall überlassen und doktort höchst selbst.
James Marion Sims, “Vater der modernen Gynäkologie“ – und von neun eigenen Kindern, möchte das Innere von Frauen besser verstehen. Bedauerlicherweise geht es dem Chirurgen nicht um das weibliche Seelenleben, sondern um deren Gebärmutter. Ein ethischer Alptraum beginnt. Mitte der 1800er Jahre operiert Sims wehrlose Sklavinnen ohne Narkose, in der Hoffnung, dass er durch diese Versuche endlich mehr über den weiblichen Körper und dessen Funktionsweise erfährt. Dass auch Sklavinnen Schmerzen empfinden, scheint ihm nicht in den Sinn zu kommen.
Deutlich sachter geht er zu Werke, als er sechs Frauen durch künstliche Befruchtung zum eigenen Kind verhelfen will. Er inseminiert sie insgesamt 55 Mal. Daraus resultiert eine einzige Schwangerschaft.
Huch, warum denn nur eine?
Achso. Sims hat die Vorstellung, dass Frauen während ihrer Menstruation besonders fruchtbar sind. Unter diesen Voraussetzungen ist eine einzige erfolgreiche Schwangerschaft schon ganz beachtlich. Selbst wenn diese leider in einer Fehlgeburt endet.
Was Chloroform mit der Geburtsstunde der Insemination zu tun hat
Erfolgreicher verläuft es im nächsten Fall. Auch wenn der Protagonist, Dr. William Pancoast, ordentlich kriminelle Energie dafür aufbringt.
1884 vertraut sich ein Paar mit unerfülltem Kinderwunsch dem Arzt an. Dem ist bald klar, dass der 41-jährige Ehemann das Problem ist. Wurzel des Übels: eine unbehandelte Tripperinfektion, die dessen Sperma unbrauchbar macht.
Anstatt seine Patienten darüber aufzuklären, hat der Mediziner eine viel kreativere Idee, wie er dem kinderlosen Paar helfen kann.
Er lädt beide zu sich, betäubt seine Patientin mit Chloroform und injiziert ihr mit einer Gummispritze Samen in die Gebärmutter.
Bei dem Spektakel sind sechs Medizinstudenten anwesend, die zu Stillschweigen verdonnert werden. Für einen von ihnen, den Schnucklicksten aus der Runde, muss es besonders aufregend gewesen sein: Das Genmaterial stammt aus seinen Lenden.
So ist diese Insemination mit Fremdsperma, die in der Geburt eines gesunden Jungen mündet, die offiziell erste von einem Arzt begleitete.
Weil einer von Pancoasts damaligen Studenten, Addison David Hard, seinen Mund nicht halten kann, fliegt die Geschichte 25 Jahre später auf. Das rückt gleichzeitig das Thema künstliche Befruchtung in die Öffentlichkeit und so auch die Option für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, irgendwann doch noch Eltern zu werden. Die Geburtsstunde der künstlichen Befruchtung mittels Insemination.
Allerdings dauert es noch bis in die 1940er Jahre hinein, bis die Insemination bei unfruchtbaren Paaren – viel später auch bei lesbischen Frauen und Singles – gesellschaftlich abgenickt wird.
Weiteres erfährst du demnächst im zweiten Teil der Inseminations-Serie.
(Letztes Update 3. November 2021)
Nachdem ich einen Diskussionsartikel zur künstlichen Befruchtung gelesen habe, kam mir das Wort intrauterine Befruchtung zum ersten Mal auf. Genau wie oben beschrieben, war ich überrascht, wie unkompliziert der Eingriff ist, vor allem im Vergleich zu invitro-Fertilisation. Als Single habe ich mir in den letzten zwei Jahre viele Gedanken gemacht, wie ich meinen Kinderwunsch erfüllen kann und bin daher froh dass es Blogs wie deine und hilfreiche Ärzte gibt. LG, Ester
Ich sehe es genau wie Ester – vielen, vielen Dank an Hanna! Was täte ich nur ohne diesen Blog?
Gleichzeitig finde ich es schade, dass wir von “hilfreichen” Ärzten sprechen müssen und quer durch die Republik reisen, um einen Arzt zu finden, der uns dankenswerter behandelt. Ich fühle mich in der Rolle der Bittstellerin sehr unwohl und finde es nicht in Ordnung, dass Hetero-Paare überall behandelt werden, singles jedoch nicht. Warum haben Gynäkolog*innen hier eine Sonderrolle? Kein Chirurg darf sich aussuchen, wem er den Blinddarm rausnimmt und wem nicht. Ärzt*innen sollten ihre Leistungen nicht nach eigenem Gutdünken anbieten, sondern dem hippokratischen Eid nach den Gleichheitsgrundsatz achten.
Liebe Clara,
ich gebe dir in allem was du sagst Recht.
Es ist wirklich oft eine Zumutung, dass wir noch immer nicht weiter sind hierzulande und uns tatsächlich oftmals als Bittstellerinnen fühlen (müssen). Wir hatten dazu in unserem Finanzkurs, den wir vor Kurzem über http://www.solomamawege.de gegeben haben auch nochmal darauf hingewiesen, dass wir eben KEINE Bittstellerinnen sind und man sich diesen Schuh gar nicht anziehen soll – ist natürlich leichter gesagt als getan.
Im Grunde sollte man so an die Sache gehen wie es die dänischen Samenbanken vormachen: sich selbst als Kundin und nicht als Patientin betrachten. Denn mit diesem Bewusstsein hast du schon eine ganz andere Einstellung dazu, wenn dir z.B. Leistungen “aufgeschwatzt” werden, für die gar kein Anlass besteht. Nur allzu leicht lässt man sich hier leider zu etwas überreden, weil immer die Angst über einem schwebt, was ist, wenn mich die Klinik/Praxis dann nicht behandelt?!
Es gibt also noch sehr viel zu tun. Aber ich bin froh, dass es Menschen wie dich gibt, die diese Ungleichbehandlung – so viel zum Thema “vor dem Gesetz sind alle gleich” – genauso aufregt. Denn damit haben wir (potentielle) Solomütter eine viel lautere Stimme, um diese Missstände – man muss sie ja mal so nennen – ändern zu können.
Ich wünsche dir weiterhin alles Gute
Hanna
Deine Seite ist für SoloMama plus1 in spe mega hilfreich! Herzlichen Dank
Danke! Das freut mich wirklich total, dass du das geschrieben hast 🙂