Wo ist eigentlich der Papa?: Die männliche Seite der Spenderkinder-Debatte

Spoiler: Es ist kompliziert. Und ehrlich gesagt auch ganz schön unfair.

Wenn auf dem Spielplatz die Frage kommt

„Und? Hat dein Kind Kontakt zum Vater?“

Zack. Da ist sie, die Klassiker-Frage. Kommt wahlweise von der Erzieherin, der Schwiegermutter einer Freundin oder von der neugierigen Sitznachbarin beim Pekip-Kurs. Gerne mit diesem leicht mitleidigen Unterton. So als hätte das Kind gerade seinen Turnbeutel verloren – und nicht einfach eine andere Familienkonstellation.

Aber die Frage hat es in sich. Denn sie geht davon aus, dass es da jemanden geben muss, den man „Vater“ nennt. Jemanden mit Stuhl am Esstisch, Schlüssel am Haken, Geburtsurkunde in der Schublade.

Doch was, wenn es diesen Mann gar nicht gibt – zumindest nicht in der klassischen Rolle? Was, wenn die Samenspende keine Notlösung war, sondern eine bewusste Entscheidung?

Der unsichtbare Mann im Becher

In den meisten Fällen verschwindet der biologische Vater in der Debatte rund um Spenderkinder schnell in der Bedeutungslosigkeit. Kein Foto, kein Name, keine Beziehung. Nur ein paar medizinische Daten und vielleicht ein Babyfoto von 1982.

Und trotzdem hat dieser Mann – nennen wir ihn mal Spender XY – eine gewichtige Rolle gespielt: Er hat „geholfen“. Klingt schön, oder? Als hätte er jemandem beim Umzug die Kisten getragen.

Tatsächlich werden Männer, die Sperma spenden, gerne als großzügige Helfer dargestellt. Altruistisch. Uneigennützig. Ein bisschen wie Blutspender mit Happy-End.

Und die Frauen?

Sie gelten als verzweifelt.

Während ER sich in der Rolle des gebenden, starken, unterstützenden Mannes sonnen darf, wird SIE gefragt: „Warum findest du denn keinen richtigen Vater fürs Kind?“ Oder: „Willst du das wirklich alleine machen?“

Es ist der Klassiker der Reproduktionsdoppelmoral: Er spendet Leben – sie bettelt drum.

Männer zwischen Distanz und Verantwortung

Die Wahrheit ist: Viele Männer sehen sich gar nicht als „Väter“, wenn sie spenden. Sie wollen keine Verantwortung. Kein Wechselmodell. Kein Sorgerecht. Und das ist völlig okay – wenn es von Anfang an so abgesprochen ist.

Doch was passiert, wenn ein Kind den Spender sucht? Oder wenn der Spender plötzlich doch eine Verbindung will?

Die Antwort ist nicht einfach. Und genau deshalb ist es so wichtig, dass wir die männliche Perspektive nicht einfach ausblenden – sondern kritisch hinterfragen.

Denn während viele Spenderkinder irgendwann wissen wollen, wo sie herkommen, herrscht auf der anderen Seite oft Schweigen. Oder Ablehnung. Oder völlige Ahnungslosigkeit.

„Kinderwunsch ist keine Frauensache. Punkt.“

Und damit sind wir beim Kernproblem: Kinderwunsch wird noch immer als Frauending betrachtet.

Frauen informieren sich, rechnen Zyklustage aus, googeln Spermaqualität und IVF-Statistiken. Männer? Nicken. Und schweigen. Und sagen Dinge wie: „Ich kann ja auch noch mit 50 Vater werden.“

Spoiler: Nein, kannst du nicht. Oder zumindest nicht ohne Risiko.

Psychologe Tewes Wischmann bringt es im Artikel „Kinderwunsch bei Männern“ auf den Punkt:

„Männer leiden unter unerfülltem Kinderwunsch genauso wie Frauen. Aber die Gesellschaft suggeriert ihnen, dass sie mehr Zeit haben – was nicht stimmt.“

Und das Resultat? Männer reden zu spät über ihren Wunsch. Oder gar nicht. Oder wundern sich mit 54 plötzlich, warum alle anderen Kinder haben – nur sie nicht.

Spenderkinder wollen keine Helden – sie wollen Wahrheit

Es geht bei der Debatte um die „Vaterfrage“ nicht darum, Männer an den Pranger zu stellen. Sondern darum, Kindern eine ehrliche Geschichte zu geben.

Eine Geschichte, in der der biologische Vater nicht zum Mythos wird – sondern eine nachvollziehbare Figur bleibt. Ob mit Kontakt oder ohne.

Denn viele Spenderkinder suchen nicht den Superhelden. Sie suchen einfach einen Teil ihrer Identität. Und es ist unsere Aufgabe als Erwachsene – egal ob Mutter, Spender oder Gesellschaft –, das möglich zu machen.

Fazit: Schluss mit der doppelten Moral

Es wird Zeit, dass wir den Kinderwunsch entgendern. Dass wir aufhören, Frauen zu belächeln und Männer zu bejubeln. Dass wir nicht mehr fragen: „Wo ist der Papa?“ – sondern: „Was braucht dieses Kind?“

Und manchmal ist das eben kein Vater, sondern eine Mutter mit Haltung. Oder zwei. Oder ein ganzes Dorf.

Aber nie ist es ein Tabu. Und nie ein Grund für Scham.

Du möchtest tiefer einsteigen? Lies auch den Beitrag: 10 Sätze, mit denen du Männer-Kinderwunsch-Ausweichmanöver früh erkennst.

Weil wir keine Zeit für „mal schauen“ haben – und Kinder keine Platzhalter für verpasste Gespräche sind.

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